AD(H)S –
Kinder im Schulunterricht
Kinder mit
AD(H)S haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren – das ist
hinlänglich bekannt: sie zappeln herum, lassen sich schnell
ablenken oder träumen einfach vor sich hin.
Doch was
geht eigentlich in ihnen vor? Welche „unsichtbaren“ Probleme
haben sie Tag für Tag, Schulstunde für Schulstunde zu meistern?
Ein kleiner Einblick aus ergotherapeutischer Sicht:
Das fängt
mit den „einfachsten“ Dingen an: das
Sitzen auf dem Stuhl.
verschiedene Prozesse der Wahrnehmungsverarbeitung im Gehirn
sorgen normalerweise dafür, dass die Muskulatur beim Sitzen
automatisch die richtige Spannung bekommt, um anstrengungsfrei
aufrecht zu sitzen. Hierzu zählt zum Beispiel die permanente
Rückmeldung der Schwerkraft über das Gleichgewichtsorgan.
Verlaufen diese Wahrnehmungsverarbeitungsprozesse nicht voll
automatisch (wie bei AD(H)S idR der Fall), raubt allein das
Geradesitzen schon Kraft und Aufmerksamkeit. Resultat: viele
AD(H)S – Kinder „liegen“ fast auf ihren Tischen, haben hängende
Schultern und einen runden Rücken oder sie bewegen sich
permanent, weil sich dadurch die Muskelspannung erhöht. So geht
hier bereits ein Teil ihrer Aufmerksamkeit für den Unterricht
verloren.
Sich auf eine Sache
(hier: den Unterrichtsstoff)
konzentrieren: AD(H)S – Kinder sind sehr reizoffen.
Das bedeutet, dass sie große Schwierigkeiten haben, unwichtige
und störende Wahrnehmungen auszublenden, um sich auf den
Unterricht zu konzentrieren. Das Blatt, das draußen vom Baum
fällt, der neue, bunte Bleistift des Nachbarn, oder das Geräusch
des Umblättern einer Seite oder des Kramens in einer Federmappe
reicht aus, um das Kind völlig aus dem Stoff heraus zu reißen.
Möglicherweise reagiert es darauf spontan und völlig
unabsichtlich und „stört“ dadurch den Unterricht.
Weiter geht es mit dem Zuhören:
auch die Hörwahrnehmungsverarbeitung verläuft normalerweise voll
automatisiert: schnell, sicher und mühelos. Auch hier hat ein
Großteil der AD(H)S – Kinder Schwierigkeiten, die idR unentdeckt
bleiben: die Hörwahrnehmungsverarbeitung verläuft nicht
automatisiert und ist dadurch verlangsamt, ungenau und
Störgeräusche können nur schwer heraus gefiltert werden. Auch
hier benötigt das AD(H)S – Kind also mehr Energie, um dem Lehrer
zu folgen, und ein weiterer Teil der Aufmerksamkeit für den
Unterricht geht verloren.
Auch das Sehen
verläuft automatisiert: beide Augen arbeiten blitzschnell und
sicher miteinander und ermöglichen ein zügiges und sicheres,
sowie müheloses Lesen – oft bei AD(H)S – Kindern nicht! Trotz
völlig intakter Augenfunktionen und guter Sehschärfe kann es zu
Verlangsamungen und Ungenauigkeiten in der Verarbeitung des
Gesehenen kommen. Ein weiterer Teil der Aufmerksamkeit geht
verloren.
Das Schreiben:
Schreiben ist eine anspruchsvolle feinmotorische Tätigkeit, bei
der viele Muskeln schnell und sicher ( = automatisiert)
zusammenwirken müssen. Bei vielen AD(H)S – Kindern ist das nicht
der Fall (siehe „Lernprobleme trotz normaler Intelligenz“ -
Restreaktionen frühkindlicher Reflexe). Der Schreibprozess an
sich ist unökonomisch und kraftraubend. Häufig zeigt sich das in
einer „schlechten“ Handschrift und zu hohem Druck. Wieder geht
ein Teil der Aufmerksamkeit für den Unterricht verloren.
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